Der Sinn und Unsinn von Personal-Firewalls

Über den Sinn oder Unsinn von Personal Firewalls (Desktop Firewalls) wird viel geschrieben, viel Sinn aber auch viel Unsinn.
Beschäftigt man sich ein bisschen mit diesem Thema wird man oft auf folgende Links gestoßen:
http://www.uni-muenster.de/ZIV/Hinweise/DesktopFirewall.html und http://www.iks-jena.de/mitarb/lutz/usenet/Firewall.html
In beiden Beiträgen werden PersonalFirewalls als grunsätzlich unnötig und sogar als sehr schädlich dargestellt. Meiner Meinung nach ist der Ansatz dieses Gedankes vollkommen richtig nur wird ein vollkommen falscher Schluß daraus gezogen.
Da ich die Autoren (Rainer Perske und Lutz Donnerhacke) nicht persönlich kenne, stellt meine Meinung weder eine fachlich noch persönliche Wertung der Verfasser dar!
Ein sehr viel sinnvolleren Beitrag hat das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) veröffentlicht: http://www.bsi.bund.de/faq/14.htm

Begriffsklärung, was ist eine Personal Firewall?

Wie fast alles in der Computerwelt kommt dieser Ausdruck aus dem (amerikanischen) Englischen. Firewall wird korrekt mit Brand(schutz)mauer übersetzt, also eine Mauer die das Ausbreiten von Bränden in Bauwerken ver- oder behindern soll. Die Übersetzung als Feuerwand zeigt ein Fehlen jeglichem Sprachverständnisse oder mag im Einzelfall natürlich auch eine absichtliche Verunglimpfung sein. Ein Feuerwand ist nun mal eine Wand aus Feuer und nicht gegen Feuer. Personal bedeutet persönlich und hat mit dem Personal (also Angestellte, Mitarbeiter, etc.) nichts zu tun. Auch die Abkürzung PC steht für den englischen Begriff Personal Computer, welcher richtig mit persönlicher Rechner (Computer) übersetzt wird, keineswegs ist es ein Computer für das Personal.
Alternativ zu PersonalFirewall wird auch oft Desktop-Firewall geschrieben, das Produkt ist identisch.

Wozu eine Firewall?

(stark vereinfacht) Ursprünglich zum Schutz vor unerlaubten Zugriffen von außen auf einen Rechner.
Da es in Unternehmen, Forschungsanstalten, Behörden, Universitäten, etc. aus ökonomischer Hinsicht sinnvoll ist, wenn die einzelnen Mitarbeiter mit ihren Rechner zusammenarbeiten, wurden und werden Computernetzwerke eingerichtet. Netzintern ist (sollte) der Zugriff je nach Benutzer mit diversen Rechten und Verboten belegt (sein). Die Sicherheitseinstellungen halten sich im Rahmen, damit dieser Datenaustausch bzw. der gemeinsame Zugriff auf Daten oder Geräte nicht umständlich und mühevoll ist, aber auch weil die Anzahl und auch die einzelnen Benutzer selber bekannt sind.
Habe ich aber Außenstellen, Zweigniederlassungen, andere Einrichtungen mit denen ich Daten austauschen will, Außendienstmitarbeiter, Heimarbeitsplatznutzer etc. habe ich ein Problem. Ich brauche einen Zugang von außen auf und in mein Netzwerk. Und dies kann aber auch unerwünschter Zugang sein. Dies beginnt mit der Behinderung des Netzwerkverkehrs (Traffic) durch einfache "Anwesenheit" bis zu Ausspähen von geheimen Daten oder Löschen von Daten.
Es gäbe zwei Lösungen: entweder schraube ich die netzinternen Sicherheitsvorrichtungen für jedes(!) einzelne Gerät extrem hoch oder ich erschwere und sichere die wenigen Zugänge von außen in dieses Netz. Die erste Lösung ist sehr teuer und kompliziert und ich verhindere ich den unerwünschten Traffic im Netzwerk nicht. Außerdem ist jede Sicherheitsvorrichtung knackbar, sei es per Zufall, Fehler des Administrators, unvorsichtige Benutzer oder Datenhacken (mit krimineller oderäzerstörerischer Absicht wird es zum Cracken). Habe ich tausende von Geräten (und Nutzereinstellungen) im Netz, hätte ein Einbrecher tausende von Angriffspunkten. Deshalb ist es der einzige sinnvolle Ansatz den Zugangspunkt von außen stark zu sichern, eben eine Brandschutzmauer zu errichten, die Firewall.

Ohne Vernetzung nach außen ist eine Firewall also absolut nicht nötig und ohne das Internet wären die Millionen von Heim-Computern nicht nach außen vernetzt.

Wie umgeht man eine Firewall?

Nun eine Anleitung dazu werde ich hier niemals geben, wer diese sucht ist hier fehl am Platz.
Was macht eine Firewall? Sie hält eine "Türe" zu, durch die ein ungebetener Gast fast nicht herein kommen kann, außer er weiß die Zugangscodes...
... oder es wird ihm von innen die Türe geöffnet, der Trojaner ward geboren.
Was ist ein Trojaner?
Simplifiziert ist ein Trojaner-Programm ein Programm welches einen Nutzen vorgibt aber in Wirklichkeit eine andere Schad-Routine ausführt. Diese Schadroutine kann (muss aber nicht) das Öffnen einer unautorisierten Verbindung nach außen sein. Näheres zu Trojaner-Definition erfährt man bei http://www.trojaner-info.com/.
Dies führt zur zweiten Aufgabe einer Firewall, sie soll unerlaubte Datenverbindung nach außen verhindern, dadurch würde eine Firewall auch gleichzeitig sogenannte Dialer (siehe bitte www.dialer-info.de) sperren, die nur im einzelnen PC mit eigenem Zugang zum Telefonnetz per ISDN oder anlogem Modem aktiv werden können.
Achtung, keine Personal-Firewall schützt vor dem Download von irgendeiner sogenannten Malware (Schad-Software), ob Virus, Trojaner, Wurm oder Dialer.
Das große Problem bei den Verbindungsversuchen von innen ist dass der Nutzer und Ausgangscomputer in der Regel zu einem Verbindungsaufbau nach außen autorisiert ist. Hier muss eine Firewall also nicht nur nachsehen ob dieser Nutzer nach außen verbinden darf, sondern ob diese Anwendung dieses Nutzer nach außen verbinden darf.

Die Lösung: Der Einsatz einer Firewall!

Netzwerkbetreiber setzen also oder sollten also Firewalls einsetzen, diese können viele zig-tausend Euro kosten.
Warum sollte dem Privatnutzer dies verwehrt werden, PersonalFirewalls gibt es sogar kostenlos als Freeware (links siehe unten) oder als kostenpflichtige Software um die 40-50 Euro.
Nun so einfach ist eine Firewall nicht und deshalb kostet eine Netzwerkfirewall auch viel Geld und für wichtige und gefährdete Objekte werden Spezialisten beschäftigt die nur diese Firewalls administrieren, der normale Netzwerkadministrator wäre damit überfordert (und ist meist auch schon mit dem internen Netzbetrieb gut ausgelastet).

Während in einem Netz also ein Spezialist die Firewall einrichtet und pflegt, sollte dies auf einem Einzel-PC der Nutzer selber machen. Obwohl die Firewallsoftware sehr viel einfacher (und das Gefährdungspotential sehr viel niedriger ist) ist der Normal-Nutzer in der Regel tatsächlich mit einer optimalen Einrichtung hoffnungslos überfordert. Die Wahrscheinlichkeit, dass die PersonalFirewall falsch konfiguriert wird ist also recht hoch und abgesehen von prinzipiellen Schwächen dieser kostengünstigen Produkte kommen also mit hoher Wahrscheinlichkeit noch Konfigurationsfehler dazu, die Firewall ist nicht sicher.
Und hier setzen einige Personal-Firewall-Gegner an und sagen zu recht eine solche Software wiege die Nutzer in trügerischer Sicherheit und man erhöhe dadurch im Endeffekt die Gefahr.
Dieser Gedanke IST richtig, um mal eine hinkende Analogie zu ziehen: Der Vierradantrieb bei PKW ermöglicht bei schneeglatter Fahrbahn (bergauf) ein erheblich schnelleres Vorwärtskommen. Nur (bergab) beim Bremsen oder in Kurven gibt es praktisch keinen Vorteil gegenüber zweiradangetriebenen PKW, denn auch diese Bremsen (seit Jahrzehnte) genauso mit allen vier Rädern, bzw. versuchen in der Kurve mit allen vier Rädern Seitenhalt zu bekommen. Es kommt also darauf an wie man die Technik einsetzt, setzt man sie mit "Hirn und Verstand" ein, ergeben sich Vorteile. Ersetzt man im Straßenverkehr den Sicherheitsabstand durch ABS kann es böse ins Auge gehen (leider werden im sogennnanten "echten Leben" meist unschuldige Dritte mit geschädigt).

Und der Fehler der oben gelinkten Firewallgegener beginnt in meinen Augen hier. Statt zu helfen, das System etwas besser zu verstehen, verweigern sie dem System PersonalFirewall jegliche Daseinsberechtigung, solange der Nutzer nicht jeden (Netzwerk)Vorgang im und zum PC bis aufs letzte Byte 100%ig versteht.

Um bei der hinkenden Auto-Analogie zu beleiben: Wer sein Auto nicht komplett zerlegen und wieder zusammensetzen kann, wer die komplizierte Elektronik einer modernen Motorsteuerung nicht genau versteht und jeglichen Schaden beheben kann, darf nicht autofahren (und ich rede hier nicht vom VW-Käfer aus den 50er/60er-Jahren oder vom Trabant *bg*).

Definitiv hätte mit simplen und sogar schlecht konfigurierten Firewalls der Blasterwurm im August/September 2004 kaum Opfer gefunden. Bei Windows XP half tatsächlich die sehr(!) einfache eingebaute Firewall, warum sie massenhaft ausgeschaltet war, dies ist die Frage.
Gut der ideale Weg in diesem Fall wäre das rechtzeitige Einspielen der vorher(!) schon bekannten Sicherheitspatches.
Allerdings standen wohl bei BMW in München alle NT4/NT5-Computer still, dies deutet auf ein Versagen der sicherlich vorhandenen teuren Firewall wie auch der netzinternen Administration hin, die Sicherheitspatches von Microsoft waren wohl nicht eingespielt.

Setzen Sie eine PersonalFirewall ein, so sollten Sie weiterhin genauso vorsichtig im Internet sein. Keine auch noch so gute Firewall bietet einen 100%igen Schutz, keine PersonalFirewall schützt Sie dafür, dass Sie Trojaner, Dialer oder Viren sich aus dem Internet laden, denn Sie machen dies und sei es nur durch Ihr unvorsichtiges Verhalten im Internet oder beim Öffnen von Emails.
Und wenn Sie Ihre Firewall nicht optimal einstellen (können), dann kann die Firewall auch nicht fehlerfrei funktionieren. Und wie gesagt: Fehler hat darüber hinaus quasi jedes Programm, Fehler hat Ihre PersonalFirewall sicherlich.

Wenn Sie sich der Fehler und Risiken bewußt sind, dann können Sie durchaus mit einer PersonalFirewall arbeiten, aber sie ist ganz sicher kein Allheilmittel!

Noch ein paar Links, sollten sie nicht mehr aktuell sein oder wichtige Links fehlen bitte Mail an LinksPersonalFirewall@Netzwerk-Kurs.de

Symantec Norton Personal Firewall http://www.symantec.de/region/de/product/npf/index.html
circa € 90,- für Apple Macintosh bzw. € 40 - 45,- für Windows 98/ME/2000pro/XPhome/XPpro

Network Associates Macafee Personal Firewall Plus http://de.mcafee.com/root/package.asp?pkgid=103
circa € 35 - 40,- für Windows 98/ME/2000pro/XPhome/XPpro

(jeweils Preise der deutschen Vollversionen)

Zonelabs Zonealarm http://download.zonelabs.com/bin/free/de/zapDetails.html
es gibt eine kostenfreie Version für den privaten Gebrauch, wie auch kostenpflichtige Versionen

Allgemeine Fragen und Kurzbeschreibungen diverser Personal Firewalls http://www.trojaner-info.de/firewall/software.shtml

Im Text erwähnte Links:
Tips und Informationen zu Trojanern, Dialern, Viren und PersonalFirewalls http://www.trojaner-info.com/
Rainer Perske: Sinn und Unsinn von Desktop Firewalls http://www.uni-muenster.de/ZIV/Hinweise/DesktopFirewall.html
Lutz Donnerhackes FAQ zu (gegen) PersonalFirewalls http://www.iks-jena.de/mitarb/lutz/usenet/Firewall.html
Fragen und Antworten zu Personal Firewalls veröffentlicht durch das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI): http://www.bsi.bund.de/faq/14.htm
Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) Homepage: http://www.bsi.bund.de/index.htm

Kontakt für sachliche Diskussionen oder Fragen: PersonalFirewall@o-c-t.de
© 2001-2003 Christopher v. der Osten, letztes Update: 01.11.2003